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Weingut

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Der Winzer

Trifft man Luca Martini di Cigala auf dem Weingut, spürt man sofort wie sehr er mit dem Land und der Natur verbunden ist. Seine Statur verrät, dass er das Weingut nicht vom Büro aus führt, sondern stattdessen lieber in den Weinbergen und im Keller arbeitet. Spricht er über schwierige Jahrgänge wie 2002 oder 2014, beschleicht einen das Gefühl, dass sie ihm mehr am Herzen liegen, als die Jahrgänge, in denen die Natur beinahe optimale Bedingungen serviert. Vielleicht kommt die Liebe zur Herausforderung aus seiner Passion für das Bergsteigen. Luca beschönigt nichts, produziert Weine nicht, wenn Sie nicht gut genug sind und spricht offen darüber, wenn Jahrgänge nach Jahren im Keller nicht die Erwartungen erfüllen, die er einst in sie gesetzt hatte. Sein Passito „Vin San Giusto“ ist kein Vin Santo, weil er lieber seine eigenen Wege geht, können ihn die Regeln des Consorzio nicht überzeugen. Dabei ist er sein schärfster Kritiker. Wie sonst lässt es sich erklären, dass er 2023 einem Weinkritiker eine Vertikalverkostung seines Chianti Classicos aus den Jahren 1990 bis 2001 anbot. Normalerweise bieten Winzer nach 20 bis 30 Jahren Flaschenreifung nur Ihre Spitzenweine an. Wahrscheinlich ist es genau dieser Charakter, der die Weine Jahr für Jahr so einzigartig macht. Fragt man aber ihn, was wichtiger ist: Der Winzer oder das Terroir? Antwortet er natürlich das Terroir.

Die Fattoria

Steigt man in die unterirdischen Gewölbe der Fattoria San Giusto a Rentennano hinab, in denen die Weine in Fässern heranreifen, gleicht das auch einer Zeitreise ins Mittelalter, als dort das Zisterzienserinnenkloster San Giusto alle Monarche entstand und 1204 von den Florentinern zur Festung gegen Siena ausgebaut wurde. Erst viele Hundert Jahre später, 1914 ging das Gut San Giusto a Rentennano durch Heirat in den Besitz der heutigen Eigentümer über – der Familie Martini di Cigala.

Die heutige Flächennutzung der 160 Hektar umfassenden Fattoria wirkt schon wie ein Qualitätsmerkmal. Nur 31 Hektar wurden für gut genug befunden, um sie mit Reben zu bestuhlen. 11 Hektar sind für Olivenbäume reserviert, 40 Hektar sind kühlender Wald und 78 Hektar Acker- und Weideland. Die verschiedenen Böden sind reich an mineralischen Bestandteilen wie Sand, Ton, Kalk, Alkali, Tonerde und Kalzium.

Seit 2006 ist die Fattoria San Giusto a Rentennano ein biologisch zertifizierter Betrieb. Vom Olivenöl bis zu den Weinen. Die Abwässer werden biologisch geklärt. Seit 2007 wird 80% des Stromverbrauchs über eigene Solaranagen gedeckt. Der Kreislauf umfasst auch den eigenen Kompost, der im Herbst im Weinberg ausgebracht wird, um den Boden mit organischem Material zu düngen.

San Giusto a Rentennano liegt auf durchschnittlich 270 Meter über dem Meer und das Mikroklima ist durch große Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht und oft durch Hitze während der Erntezeit gekennzeichnet.

Die Weine

Die Weine von San Giusto a Rentennano sind kräftige und meist perfekt ausbalancierte Weine. Ich bin generell recht empfindlich, was den Holzeintrag bei Weinen betrifft, weshalb mich das Fass Management speziell beim Percarlo, Le Baroncole aber auch beim Chianti Classico immer wieder begeistert. Die Anteile von neuem und altem Barrique. Die Mischung der Fässer unterschiedlicher Größe ist für mich perfekt austariert und erhält so den Charakter der Sangiovese, des Terroirs und des Jahrgangs. Alle Weine – ja selbst der Fuori Misura – gewinnen mit ein paar Jahren im Keller.

Chianti Classico

Der Chianti Classico ist ein Verschnitt aus 95 % Sangiovese und 5 % Canaiolo, die im perfekten Reifezustand handverlesen werden. Die Gärung erfolgt in Beton- und Edelstahlbehältern für etwa 14 Tage. Die malolaktische Gärung wird durch die Beheizung des Gebäudes, in dem die Fässer gelagert werden, angeregt. Während der 10- bis 12 monatigen Reifung in Fässern verschiedener Größen wird der Wein mehrmals umgefüllt. Der erste Chianti Classico wurde 1981 abgefüllt. Der Chianti Classico entfaltet meiner Meinung nach sein ganzes Potential nach 3 bis 8 Jahren. Also ruhig mal eine Kiste wegpacken. Sie werden überrascht sein, zu welcher Größe ein Basis Wein heranreifen kann! Heute produziert das Weingut circa 50.000 Flaschen pro Jahr.

Chianti Classico Riserva Le Baroncole

Der Chianti Classico Riserva Le Baroncole ist ein Verschnitt aus 97% Sangiovese und 3% Canaiolo. Der Baroncole kann für viele Jahre im Keller reifen. Für mich war und ist der Baroncole nicht der Wein hinter Percarlo, sondern ein Riserva, dessen Ecken und Kanten, ihm seinen einzigartigen Charakter verleihen. Die ersten Phasen seiner Herstellung sind zu denen des Chianti Classico identisch. Danach wird der Wein je nach Jahrgang zwischen 16 und 20 Monaten in französischen Barriques und Fässern ausgebaut. In Flaschen abgefüllt lagert er noch weitere 6 Monate, bevor er freigegeben wird. Der erste Riserva wurde 1975 erzeugt und heute werden je nach Jahrgang ca. 15.000 Flaschen produziert.

Percarlo

Der Percarlo ist ein reinsortiger Sangiovese. Percarlo ist Percarlo! Es ist ein Wein, der Jahr für Jahr seine unverwechselbare Identität besitzt und er wird es Ihnen danken, wenn Sie ihn für mindestens 10 Jahre im Keller verschwinden lassen. Für den Percarlo wird Traube für Traube aus den besten Zonen der Weinberge geerntet. Der Ertrag liegt bei gerade einmal 1 kg pro Rebstock. Die Gärung und Mazeration erfolgt mit natürlichen Hefen in emaillierten Betonbehältern und dauert bis zu 35 Tage. Anschließend wird der Percarlo 20-22 Monate in französischen Eichenfässern von 225 und 500 Litern gereift. Neuere Jahrgänge auch noch im 3 Hektoliter Fass. Dabei sind nur 25% neue Barrique. Nach weiteren 18 Monaten in der Flasche kommt er auf den Markt. Sein Geburtstag war 1983 und heute gibt es um die 19.000 Flaschen pro Jahr.

La Ricolma

La Ricolma ist ein reinsortiger Merlot. Merlot ist eine Rebsorte, die fast überall auf der Welt angebaut wird. Entsprechend haben Merlot Weine häufig einen sehr internationalen Charakter, der sich nicht selten an den großen französichen Pomerol orientiert. Nichts dagegen zu sagen, aber warum sollte ich dann nicht gleich das Original trinken? Die Frage ist also: Was ist ein italienischer Merlot? Meine Antwort ist: La Ricolma. Für mich war es das schon lange bevor Kritiker höchste Bewertungen zückten. Bedauerlicherweise gibt es seit 1993 gerade einmal um die 4.500 Flaschen pro Jahr. Die Trauben stammen aus erstklassigen Weinbergen und werden bei perfekter Reife von Hand geerntet. Er wird etwa 18 Tage lang in Edelstahltanks vergoren, dann abgefüllt und gepresst. Nach 20-22 Monaten in französischen Eichenfässern, lagert er weitere 6 Monate in der Flasche, bevor er auf den Markt kommt.

Rosato Fuori Misura

Fuori Misura ist seit 2015 das jüngste Mitglied in der Weinfamilie von San Giusto. Es ist ein Blend aus Sangiovese, Canaiolo und Merlot. Ein Wein, der durch den Verschnitt von Most nach dem Keltern aus Fässern mit Chianti Classico-, Baroncole- (Chianti Riserva-), Percarlo- und Ricolma-Trauben hergestellt wird. Ergänzt durch eine 10%ige Zugabe von frisch gequetschten Trauben, die bis zu 12 Tage lang in der Flüssigkeit mazeriert werden. Das Ergebnis ist ein Wein mit einer kräftigen, fast roten Farbe. Der Fuori Misura ist ein unglaublicher Wein, der vom Bouquet an einen fruchtigen Rotwein erinnert und doch die Frische eines Rosé hat. Ketzer könnten sagen: Nicht Fisch, nicht Fleisch. Ich sage: Passt zu Beidem. Um die 10.000 Flaschen verlassen das Weingut pro Jahr.

Vin San Giusto

Seit 1979 wird der Süßwein aus 90 % Malvasia- und 10 % Trebbiano hergestellt. Anders als bei vielen anderen Süßweinen, findet die Konzentration an Zucker nicht auf dem Weinberg statt, sondern die Reben werden nach der Handlese in einem gut belüfteten Raum für etwa 140 Tage auf Gestellen getrocknet, bevor der Saft sanft herausgepresst wird. Das Consorzio schreibt einen Mindest Alkoholwert vor, den Luca hartnäckig unterschreitet. „Warum soll ich so viel Zucker zu Alkohol wandeln, wenn ich doch einen Süßwein will?“ Also ist es ein Passito und kein Vin Santo oder eben der Vin San Giusto. Ich liebe generell italienische Süßweine, aber ein Tipp: Man muss auf keinen Fall eine ganze Flasche möglichst schnell trinken. Man gönnt sich zum Nachtisch ein kleines Gläschen zum Espresso und packt die verkorkte Flasche wieder in den Keller. Für Monate oder Jahre, wenn man will. Warum das geht? Weil der Vin San Giusto auch während seiner Reife in Kastanienfässern von 40 bis 180 Litern auf einem Dachboden den täglichen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist und in der Zeit von 6 Jahren 40% des Mostes einfach als „angel dust“ Richtung Himmel aufsteigen. Was für 6 Jahre geht, geht dann auch noch für ein weiteres Jahr. Der Vin San Giusto ist am oberen Ende der Zuckerskala, weshalb – nicht nur, aber auch – die optimale Trinktemperatur bei ca. 10°C liegt. Gerade einmal 2500 halbe Flaschen gibt’s davon pro Jahr.

Olio extra Virgine di Oliva

Das native Olivenöl von San Giusto gehört zu meinen Favoriten. Es wird aus der ersten Pressung der im November handgepflückten Oliven hergestellt. Wie die meisten Olivenöle ist auch diese eine Mischung verschiedener Sorten. Bei San Giusto überwiegend aus Frantoio (Correggiolo), mit geringeren Anteilen von Leccino, Moraiolo und Pendolino. Das günstige Sommerklima erlaubt, die Olivenbäume ohne den Einsatz von Antiparasiten zu kultivieren und die vorgeschriebenen Methoden des ökologischen Landbaus zu befolgen. Die Oliven werden bei der Ernte alle 24-48 Stunden gepresst und ihr Öl wird durch eine temperaturgesteuerte Kaltpressung gewonnen. Nach einer leichten Filterung wird das Öl in dunkle Gläser abgefüllt, um es vor lichtbedingter Oxidation zu schützen. Bei sachgemäßer Lagerung an einem kühlen Ort behält das Olivenöl extra San Giusto a Rentenanno seine Frische und seinen intensiven Geschmack für mindestens zwei Jahre. Seit 1984 auf dem Markt und aus ca. 8 Tonnen Oliven werden jährlich gerade einmal um die 1.000 Liter des edlen Öls.

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